20.08.2017 Tag 7

Vanakkam, (wie man auf Tamil Hallo sagt)

Nach dem Mittgessen gab es eine Pause, die bis 16 Uhr geplant war und einigie zum shoppen oder nur zum entspannen nach unserer kleinen Wanderung. Interessant ist, dass es bis 17 Uhr weder Strom noch fliessend Wasser in der ganzen Region gab. Das ordnet die Regierung an um zu sparen.
Gegen 16 Uhr sassen wir alle wieder gemuetlich beisamen, bereit fuer den naechsten Programmpunkt.

Doch ganz nach dem Prinzip der indischen Gelassenheit wurde es nach hinten verschoben. Aus 16 Uhr wurde 16.30. Aus 16.30 wurde 17 und aus 17 ... 18 Uhr. Wir unterhielten uns zum Beispiel ueber die kulturellen Unterschiede des einander Anschauens oder Anstarrens ohne etwas zu sagen. Fuer uns wird es schnell unangenehm, wenn man sich eine Minute schweigend gegenueber sitzt. In Indien ist es jedoch normal einander anzustarren oder vielleicht passender, sich lange und interessiert anzugucken.
Gegen 18 Uhr, als wir noch auf zwei Gaeste warteten (Ruby und Malai), die vom Monsun aufgehalten wurden, wurde den Jungs gezeigt wie man einen Dhoti wickelt. Ein Dhoti ist eine Art Rock fuer Maenner, der mit einem Stofftuch gewickelt wird.

Schliesslich kahmen Ruby und ihre Freundin an und wir setzten uns zusammen und ueber einige Fragen die Perspektive einer Frau zu hoeren. Wann wird hier geheiratet und wer entscheidet sich fuer den Ehemann? Wie werden Hochzeiten hier gefeiert? Einige Dinge sind bei mir besonders haengen geblieben. Ruby steht morgens um 4 oder 5 Uhr auf, um zu putzten und zu kochen und muss dann um 8.30 in der Grundschule sein, wo sie als Lehrerin bis 16 Uhr arbeitet. Danach muss sie zuhause kochen und waschen oder was sonst noch im Haushalt anfaellt. Sie beschreibt Maenner als faul und die Frauen machen die ganze Arbeit. Ausserdem erzealt sie, dass 70% der Frauen neben den Aufgaben im Haushalt arbeiten, um Geld dazu zu verdienen, aber auch weil Frauen haefig bevorzugt eingestellt werden, da dies vom Staat subventioniert wird.
Im Kontrast dazu steht die Rolle des Mannes als Familienoberhaupt, der alle Entscheidungen treffen muss. GP zB. ist fuer alle seine sechs Schwestern verantwortlich. Das schliesst kleine Sachen ein, die ich als Frau selbstverstaendlicher weise alleine mache. Wie ein Taxi vom Flughafen nach Hause zu bestellen. Joy (Claus Frau und JPs Schwester) hingegen muss ihren Bruder anrufen, damit er das fuer sie erledigt. Alle Entscheidungen von kleinen zu sehr wichtigen als Mann alleine treffen zu muessen ist eine riesige Verantwortung, die auch eine grosse Belastung sein kann.
Mein Highlight in diesem Gespraech war Ruby s Reaktion auf die Patchwork Familie von Celine. Wir sprachen ueber das Thema Kinder und Familie. Als Celine die Bilder ihrer Familie erklaerte machte Ruby grosse Augen. Sie war eindeutig geschockt und fragte nach... Ist das Ok fuer dich? Es passte nicht in ihr Weltbild wie es normal sein kann, dass sich ein Ehepaar scheiden und damit die in Indien heilige Buendnis der Familie quasie aufloest.

Nach der intensiven Gespraechsrunde wurde Celine, Lina, Claudie, Wiebke und mir gezeigt wie man einen Sari wickelt. Das hoert sich leichter an als getan. Wie soll ich dieses sechs Meter lange Stuek Stoff um mich rumwickeln, sodass es am Ende nicht nur wie ein Sari aussieht, sondern auch nicht sofort auseinander faellt. Mit sehr viel Hilfe von Ruby, ihrer Freundin und Sicherheitsnadeln trugen wir schliesslich alle das traditionelle indische Gewand.

Nach dem Abendessen und unserer kleinen abendlichen Feedback Runde ging ein weiterer erlebnisreicher Tag zuende.

Der naechste Morgen bricht an. Es ist Sonntag. Wir wollen einen Gottesdienst besuchen und fahren in zwei Gruppen zu zwei verschiedenen Doerfern los. Ich berichte hier von meinen Erlebnissen mit Celine, Dorian, Marcel und Claus zusammen. Mit einem Bus von den oeffentlichen Verkehrsmitteln und in einer schoen gequetschten Fahrt in einer Rikscha fuhren wir zur Dorfkirche. Wir nahmen vorne auf plastik Stuehlen platz, wobei die Gemeinde  nach Geschlecht aufgeteilt links und rechts vom Mittelgang auf dem Boden sass. Der Gottesdienst an sich war unseren ziemlich aehnlich. Claus hielt eine kleine Ansprache, die von dem Pastor auf Tamil uebersetzt wurde, wir jugendlichen sangen vor der Gemeinde ein kurzes Lied und Claus teilte das Abendmahl mit aus.

Kaum war der Gottesdienst zuende kahmen zwei Maedels auf uns zu, die Celine und mich zu sich nach Hause einluden. Bis dahin dachten wir noch, dass alle fuenf zusammen in einer Familie zum Mittagessen eingeladen wuerden, sodass es eine grosse Ueberraschung fuer uns war nun nur zu zweit in eine fremde indische Familie zu gehen. Die paar ein/zwei Stunden in der Familie waren die reine Reizueberflutung. Uns wurde ein Blumenfeld, Erdnussplflanzen, ein Mangobaum und einige andere Nutzpflanzen gezeigt, von denen wir vorher noch nie gehoert hatten. In der Naehe des Hauses gab es eine Art See, der durch den Monsun gefuellt wird und so weit voll laufen kann, dass es bis zur Familie ins Haus laeft. Es sah schoen aus wie die gruenen Baumkronen aus dem Wasser herausragen.
Zurueck im Haus wurden uns verschiedene indische Snacks angeboten. So Art kleine Kuegelchen und Nuesse. Celine und ich sassen drinnen im Haus und nach und nach kahmen andere Frauen oder Kinder dazu, die uns anguckten. Es war auch sehr interessant den Frauen dort unsere Bilder von zuhause zu zeigen. Als naechstes wurde uns das Essen serviert. Ein indisches Brot mit einer Fleischsosse. Celine holte das Desinfektionsmittel raus und wurde gefragt was das ist. Darf man luegen um nicht unhoeflich zu sein? Obwohl wir schon eine Woche indisch gegessen haben, haute uns die schaerfe um. Das muss fuer die Inder sehr amuesant gewesen sein. Unserer Teller wurden immer wieder nachgefuellt und es war schwer unsere Gastgeber davon zu ueberyeugen, dass wir wirklich satt waren.

Das war wohl das erste mal, dass wir richtig in die indische Kultur und Gesellschaft geworfen wurden. Sehr spannend, aber auch etwas ueberfordenrd. Nach der Rueckfahrt zurueck im Nest in unserer Unterkunft eryaehlten wir uns alle aufgeregt was wir den vormittag ueber erlebt hatten.

Bis hierhin erstmal
Liebe Gruesse
Maike









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